Zum Einstand ein Kreisverkehr

Zum Einstand ein Kreisverkehr

„Wir haben da einen Unfallschwerpunkt in Ihrem Bezirk.“ – So lautete einer der ersten Sätze, die ich als frisch angelobte Bezirksvorsteherin zu hören bekam. Er fiel in meinem Einstandsgespräch mit der Verkehrsbehörde MA46 und der MA28-Straßenbau – und in diesem Moment war klar: Der höfliche Begrüßungssmalltalk war beendet, meine Arbeit als Bezirksvorsteherin hatte begonnen.

Der besagte Unfallschwerpunkt befand sich an der Kreuzung Hasenauerstraße – Gymnasiumstraße, ein damals bekannt neuralgischer Punkt, an den sich wohl viele noch erinnern können:

Zu Stoßzeiten war es dort wie in einem Wimmelbild – Autos, Busse, der eine oder andere Radfahrer und völlig überforderte Fußgänger*innen kreuzten und querten und kämpften darum, voranzukommen. Mit dem Auto von der Hasenauerstraße kommend wurde vor allem das Linksabbiegen in die Gymnasiumstraße Richtung neunzehnten Bezirk zu Geduldsprobe und Stresstest gleichermaßen – durch den beidseitigen Fließverkehr auf der Gymnasiumstraße wurden Wartezeiten wie auch Rückstau in der Hasenauerstraße lang und länger.

Und wenn’s dann endlich, endlich eine Lücke gab, dann wollte die genutzt sein: nichts wie rauf aufs Gas und so schnell wie möglich abbiegen – Aufmerksamkeit für allenfalls querende Fußgänger*innen war da
häufig nicht mehr drin, und deshalb eben auch Unfallschwerpunkt.

Es bräuchte dort eine Ampel, meinten die Kollegen von der Verkehrsbehörde. Das hätten sie sich gemeinsam mit meinem Amtsvorgänger schon überlegt. Ich nickte mäßig begeistert. Denn obwohl erst so kurz im Amt, eines wusste ich schon: Ampeln sind wirklich teuer – sowohl in der Errichtung als auch später im Betrieb (wie teuer, habe ich erst mit den Jahren gelernt, und ich bin heute noch froh, dass ich damals nicht gleich ja gesagt habe).

Dazu kommt: Außerhalb der Stoßzeiten sind sie an vielen Kreuzungen für alle Verkehrsteilnehmer*innen mehr Ärgernis als Hilfe – wenn nichts kommt, steht man völlig sinnlos gefühlt ewig herum, egal ob zu Fuß, mit dem Rad, mit Auto oder Bus. Und ja, der Bus kann bevorrangt werden, in der Nacht kann auf Gelb-Blinken geschaltet werden – aber auch das sind alles wieder Eingriffe in die Programmierung und damit wird die Angelegenheit nicht billiger.

Die Kollegen nahmen meine Zurückhaltung als vorläufiges Njet, es wurde weitergetüftelt. Mehrere aufgezeichnete, diskutierte und wieder verworfene Pläne später meldete sich schließlich unser Planer von der MA28 zu Wort, der dafür bekannt ist, dass er auch mal unkonventionelle Ideen hat.

„Wie wär’s mit einem Kreisverkehr?“ warf er in die Runde, beugte sich über seine Pläne und entwarf eine grobe Skizze. Skeptisches Stirnrunzeln allerorten – schließlich sind wir ja nicht in Niederösterreich, und überhaupt, ein Kreisverkehr wäre wohl viel zu riesig für den dort verfügbaren Platz. Doch so rasch ließ er sich von seiner Idee nicht abbringen. Unbeeindruckt verließ er unsere Besprechung und machte sich an die Arbeit.

Zwei Wochen später legte er die fertige Planung auf den Tisch – und siehe da, mit der einen oder anderen baulichen Anpassung würde sich ein Kreisverkehr tatsächlich ausgehen. Es war, wie wenn sich wie von Zauberhand plötzlich ein Knoten löst – ja, die Idee würde funktionieren und die Situation wesentlich übersichtlicher und sicherer machen.

Schritt für Schritt holten wir die weiteren Beteiligten an Bord: die Wiener Linien, deren Busverkehr unter dem Status-Quo ebenfalls gelitten hatte; und, weil die Kreuzung ja direkt an der Bezirksgrenze liegt, auch meinen neugewählten Bezirksvorsteherkollegen aus dem Nachbarbezirk – auch er sehr glücklich, dass für diese Problemkreuzung nun endlich eine Lösung auf dem Tisch lag.

Der Kreisverkehr wurde schließlich nach den Plänen des findigen Kollegen der MA28 gebaut und aus dem Budget der beiden Bezirke plus Förderung der Stadt für Unfallprävention bezahlt. Und noch heute, einige Jahre nach der Umsetzung, bedanken sich Menschen bei mir dafür, dass wir aus diesem Unfallschwerpunkt, der alle Verkehrsteilnehmer*innen viele Nerven gekostet hat, einen entspannten Kreisverkehr gemacht haben.