Das „Hochhaus“ am Aumannplatz

Das „Hochhaus“ am Aumannplatz

Wenn Menschen von Währing schwärmen, ist er selten unter den genannten Lieblingsorten – und doch ist er einer der interessantesten Plätze unseres Bezirks: der Aumannplatz.

Im Mittelalter wurden hier, im Niemandsland zwischen den Dörfern Währing und Weinhaus, Gänse gehütet und Neuigkeiten ausgetauscht. Und es ist wohl kein Zufall, dass das erste Gebäude am Platz ein Wirtshaus war.

Heute liegt der Platz im Herzen unseres Bezirks. Eingerahmt von prächtigen Gründerzeithäusern, mit Lokalen, Geschäften, Ateliers und der Parkanlage in der Mitte, ist er immer noch ein Ort der Begegnung – mit jeder Menge Potenzial für mehr. Denn die derzeitige Gestaltung gemahnt eher an einen Kreisverkehr mit Grüninsel als an einen urbanen Platz.

Doch wie die Sache angehen? Einen Plan, wie man DEN zentralen Platz des Bezirks umgestaltet, schüttelt man ja nicht einfach so aus dem Ärmel. Das braucht schon eine größer angelegte Auseinandersetzung – und die haben wir in Angriff genommen:

Zuerst eine sozialräumliche Analyse von Expert*innen, die nochmals deutlich gemacht hat, welches Juwel wir da inmitten unseres Bezirks haben. Und dann der große nächste Schritt: möglichst viele Anrainer*innen, Geschäftsleute, Passant*innen zu motivieren, über „ihren“ Aumannplatz nachzudenken. Was sie an ihm mögen, was sie stört, was sie sich anders wünschen.

So etwas braucht zuallererst Aufmerksamkeit und Anlass zur Diskussion. Und da meldeten sich die Künstler*innen im Umfeld und boten ihre Kooperation an. Nicht ganz ohne Risiko, wie sich herausstellen sollte…

Am Beginn war da, noch recht harmlos, die Kunstinstallation der Kulturdrogerie: mitten in der Parkanlage eine Skulptur aus Verkehrszeichenstangen – allesamt aus dem Depot, irgendwann angefahren und ausrangiert. Und hier nun als Symbol für den vielen Verkehr am Platz, und gleichzeitig Treffpunkt und Diskussionsort.

Die Skulptur erzeugte Aufmerksamkeit. Und Aufregung. Viele Menschen fragten nach dem Sinn oder wollten sich einfach nur beschweren über die ästhetische Verunstaltung. Und schon waren wir im Gespräch, schon diskutierten wir über den Aumannplatz – Gespräche, die vermutlich ohne diese Initialzündung nicht stattgefunden hätten.

Und dann, eines Abends, erhielt ich eine Pressemitteilung: Einladung zum Spatenstich für das Hochhausprojekt „GOLDEN AU“.

Einigermaßen irritiert überflog ich den Text: Die Firma Au Invest AG hätte den Aumannplatz gekauft, um dort ein Hochhaus mit Luxuswohnungen, Büros und Geschäftslokalen zu errichten. Pool am Dach, Rooftop-Bar, Tiefgarage. Das Herz von Währing würde profitieren – durch mehr Geschäfte und Ansiedlung ausländischer Unternehmen. Interessierte könnten sich schon jetzt für eine Penthouse-Wohnung bzw. einen Garagenplatz anmelden.

Langsam senkte sich mein Puls wieder. Das konnte nicht echt sein – aber es war ziemlich gut gemacht. Und die Aufregung vorprogrammiert. Wenn das nur mal gutging.

Als ich am nächsten Tag am Aumannplatz vorbeischaute, war alles vorbereitet: Rednerpult, Sandhaufen für den Spatenstich, Informationen zum Projekt.

Schon blieben die ersten Passant*innen stehen, fingen an, mit den vermeintlichen Vertreterinnen des Bauträgers zu diskutieren und „ihren“ Platz zu verteidigen. Es gab den ganzen Tag über heftige Diskussionen, noch Tage später meldeten sich irritierte Bürger*innen. Die Idee der beiden Künstlerinnen, die hinter der Aktion steckten, war voll aufgegangen: Den Menschen wurde bewusst, wie wichtig ihnen „ihr“ Platz war, sie diskutierten über ihn und setzten sich mit ihm auseinander.

In Summe brachten die über mehrere Wochen laufenden Aktionen mehrere wichtige Erkenntnisse: Die Menschen mögen „ihren“ Aumannplatz. Sie schätzen die grüne Mitte als Ruheinsel – und hätten gerne mehr davon. Und sie wünschen sich dringend Eindämmung und Beruhigung des Verkehrsgeschehens.

Wenn man vor allem Letzteres ernst nimmt – und das wollen wir unbedingt – dann wird es rasch einmal knifflig. Und verträgt keine schnellen Lösungen. Und so erledigen wir seither Schritt für Schritt notwendige Vorarbeiten, klären Rahmenbedingungen und bereiten mit der nötigen Sorgfalt den Planungsprozess vor. Und alle Aumannplatz-Fans kann ich beruhigen: Die Planung eines Hochhauses gehört nicht dazu.