Wo Währinger Bäume zur Schule gehen

Wo Währinger Bäume zur Schule gehen

Wo Währinger Bäume zur Schule gehen

Jetzt im Spätherbst beginnt die beste Zeit, um Stadtbäume zu pflanzen – auch die Jungbäume im umgestalteten Abschnitt der Währinger Straße werden in den nächsten Wochen begrüßt. So können sie sich im Winter in Ruhe verwurzeln, bevor sie im Frühling austreiben. Aber woher kommen diese Bäume eigentlich?

Stadtgartendirektor Rainer Weisgram weiß die Antwort: „Fast alle Wiener Bäume sind in Penzing in die Schule gegangen“, erzählt er bei einem Rundgang in der magistratseigenen Baumschule Mauerbach. Und er freut sich, dass die Wiener Stadtgärten derzeit mehr Jungbäume setzen als je zuvor: „Man merkt, dass in der Stadt ein Umdenken stattgefunden hat“, so Weisgram. Dies zeigt sich auch in Währing: Seit dem Amtsantritt von Bezirksvorsteherin Silvia Nossek wurden über 200 neue Baumstandorte geschaffen.

Stadtbäume – hart im Nehmen

Sie alle wurden in der Baumschule Mauerbach auf die harten Lebensbedingungen als Stadtbaum vorbereitet, wie derzeit über 18.000 weitere Bäumchen: Verkehr, Bodenverdichtung und -versiegelung, unterirdische Einbauten, Bauarbeiten, Abstrahlhitze von Asphalt und Fassaden und ganz allgemein immer mehr Hitze, Trockenheit und Unwetter – all dem muss ein Stadtbaum trotzen, sobald er die Baumschule verlässt.

Dann schützt der weiße Stammanstrich die Jungbäume vor Hitze und Frost, daran sind sie im Straßenbild gut erkennbar. Und wenn man genau hinsieht, findet man den grünen Punkt, der die Nordseite markiert. So wird sichergestellt, dass der Baum in derselben Ausrichtung gepflanzt wird.

Und bald werden auch in Währing einige dieser Jungbäume zu sehen sein: In Mauerbach findet sich etwa eine Pennsylvanische Esche, die für den Türkenschanzpark bestimmt ist, und mehrere Bäume, die schon vorbereitet sind für den Währinger Park. Wo das letzte Unwetter zahlreiche, auch uralte und gesunde Bäume gefällt hat, ist Nachwuchs sehr willkommen.

Ein Wurzelballen wie eine Kugel Eis

Etwa im Alter von Taferlklassler*innen kommen die Bäume in Mauerbach an, 4000 bis 5000 jeden Herbst. Hier werden sie unter eine schützende Grasschicht gepflanzt, durch Schneiden wird über die Jahre eine Krone ausgebildet und alle zwei Jahre werden die Bäumchen „verschult“: Dabei wird der Wurzelballen in eine runde Form von 60 bis 80 cm Durchmesser gestutzt – „Wie einen riesigen Eiskugellöffel muss man sich das Gerät vorstellen“, erklärt Rainer Weisgram. Dadurch verzweigen sich die Wurzeln, und wenn der Baum schließlich im Alter von etwa zehn Jahren an seinen zukünftigen Standort verpflanzt wird, übersteht er den Transport besser und kann sich an die neue Umgebung schnell anpassen.

Abschied von der Kastanie

Das durch die Erderwärmung veränderte Klima stellt an Stadtbäume neue Ansprüche – und nicht jede Baumart ist dem gewachsen. So müssen die Spitzahorne der Ringstraßenallee seit Jahren durch Zürgelbäume aus dem Mittelmeerraum ersetzt werden, auch von der schattenspendenden Kastanie als Stadtbaum in ganz Wien muss man sich verabschieden. Nur noch an einigen Plätzen, an denen die Kastanie traditionell das Stadtbild prägt, wird sie nachgepflanzt und erhält von den Wiener Stadtgärten eine spezielle Pflege. Der fächerblättrige, widerstandsfähige Ginkgo dagegen wird aus anderen Gründen nicht mehr gepflanzt: Die Weibchen, die in jungen Jahren nicht immer als solche erkennbar sind, produzieren später Früchte, die ganz furchtbar stinken.

Dafür finden sich jetzt neue Baumarten in Wiens Straßen: Etwa der Feldahorn als dürreresistenter Verwandter des Spitzahorns, oder die kleine chinesische Zierbirne, die derzeit in vielen Straßen orange leuchtet.

Erlesenes Sortiment

Denn als sich in den Nullerjahren abzeichnete, dass die bisher bewährten Baumsorten nicht zukunftsfähig sind, begannen die Wiener Stadtgärten gemeinsam mit internationalen Expert*innen das Wiener Straßenbaumsortiment zu entwickeln. Dieses wird laufend überarbeitet und enthält derzeit 25 Baumsorten für Wien.

Dabei ist Resilienz nicht das einzige Kriterium für einen Wiener Stadtbaum: Für die Ringstraße etwa muss ein Baum nicht nur hitzeresistent sein, sondern auch eine breite Krone haben, die viel Schatten spendet, aber nicht zu dicht ist – die Prachtbauten sollen ja nicht dahinter verschwinden.

Verbündete gegen Hitze

Der Klimawandel macht das Überleben der Bäume herausfordernder und die Pflege aufwändiger. Bäume, die nicht über eine automatische Bewässerungsanlage verfügen, werden die ersten 4 Jahre händisch gegossen: 400.000 Liter Wasser sind pro Tag dafür nötig! Mühe, die sich lohnt, denn jedes Grün kühlt die Stadt im Sommer ein bisschen, filtert die Luft und erfreut das Auge. „Bäume sind unsere Verbündeten gegen die Auswirkungen des Klimawandels – deshalb ist es wichtig, dass wir von unserer Seite alles tun, um den Baumbestand zu erhalten, wie zuletzt mit den Maßnahmen in der Pötzleinsdorfer Straße und in der Kreuzgasse. Da haben wir gezeigt, dass durch Entsiegelung auch alter Baumbestand gerettet werden kann“, so Bezirksvorsteherin Silvia Nossek.