Standing Ovations für eine Rampe

Ein Blick auf die Uhr verrät: Ich bin zu spät dran für meinen Termin beim Pensionistenwohnhaus an der Türkenschanze. Wie ärgerlich – will ich doch heute deren Klub bei seiner Exkursion ins Urgeschichtemuseum begleiten. Ich trete in die Pedale – hoffentlich warten sie noch auf mich!
Als ich schließlich außer Atem den Ausflugsbus besteige, empfangen mich statt der erwarteten Rüge für mein Zuspätkommen Jubel und Applaus, einige stehen sogar auf. Standing Ovations? Überrascht schaue ich in die vielen freundlichen Gesichter. Die Mitarbeiterin des Klubs lächelt und deutet aus dem Fenster. „Den Applaus bekommen Sie für die Rampe! Das ist einfach so eine riesen Verbesserung!“ Glücklich setze ich mich auf einen freien Platz im Bus. Wie schön, gemeinsam die Freude über die gelungene Umsetzung dieses Bewohner*innen-Anliegens zu teilen.
Es war eines meiner ersten Projekte als Bezirksvorsteherin – und das ging so: Wohl der wichtigste Weg vom Haus an der Türkenschanze führte damals die Straße entlang in einer langgezogenen Kurve vom Haus zur Straßenbahnstation des 41ers. Ein ziemlicher Umweg – und deshalb nutzten die Bewohner*innen stattdessen gerne die Direttissima über den Wiesenhang – der Trampelpfad war nicht zu übersehen. Gleichzeitig war der Abkürzer holprig, bei Regen auch noch rutschig und damit gerade für die nicht mehr ganz so fitten Bewohner*innen gefährlich.
Nach den anschaulichen Schilderungen aus dem Haus und einem Vor-Ort-Augen schein war klar: Das braucht eine Lösung. Und kurzerhand zauberten wir aus dem gefährlichen Wiesen-Schleichweg eine gepflasterte, barrierefreie Rampe inklusive Handlauf – und ja, die hatte sich tatsächlich Applaus verdient.
Und die Rampe blieb nicht die einzige Verbesserung im Umfeld des Hauses. Schon wenig später tauchte das nächste Thema auf: Wer vom Wohnhaus in den Türkenschanzpark spazieren will, muss zuerst die Max-Emanuel-Straße queren und das ist nichts für Feiglinge. Die Autos fahren mit hoher Geschwindigkeit, der nächste Zebrastreifen ist ein Stück weit entfernt – zu nah, um in so kurzem Abstand gleich den nächsten zu machen, zu weit entfernt, um für die Bewohner*innen nicht wiederum einen unangenehmen Umweg zu bedeuten.
Nach kurzer Überlegung hatte unser Planungsexperte einen Vorschlag: Es könnte sich ein Fahrbahnteiler ausgehen – eine Art „Rettungsinsel“ in der Mitte der Straße. Der hätte den Vorteil, dass man beim Queren der Fahrbahn immer nur auf eine Richtung achten muss, bevor man losgeht – was die Sache für die älteren Parkbesucher*innen schon um einiges erleichtern würde. Klang gut – ich stellte nur eine wichtige Bedingung: Der Fahrbahnteiler müsse unbedingt so breit sein, dass man dort auch mit Rollator inmitten des Autoverkehrs gut Platz fände – und das war gar nicht so einfach: Aufgrund der nicht gerade üppigen Straßenbreite ging es um jeden Zentimeter!
Als wenige Wochen später der Umbau getan war, war deshalb auch meine wichtigste Frage: Ist die Insel wirklich breit genug? Eine Bewohnerin, der dieser Übergang schon lange ein Anliegen war, stellte sich für einen Test zur Verfügung – und gemeinsam freuten wir uns, als sie ihrer Freundin im Haus glücklich berichten konnte, dass sie sich nun wieder trotz ihres Rollators alleine den Weg Richtung Park gehen traue.
Und sie schilderte uns gleich ein weiteres Hindernis, das Rollatorbenützer*innen das Leben schwermachte: Dass nämlich trotz abgeflachter Gehsteige die verbleibende Kante manchmal so hoch sei, dass man mit dem Rollator hängen bleibe und man nicht rechtzeitig von der Straße käme – sehr unangenehm.
Auch hier fand sich eine Lösung: Zwar darf die Gehsteigkante selbst bei abgeflachten Gehsteigen nicht ganz niveaugleich sein. Aber die Kollegen vom Straßenbau meinten, es spräche nichts dagegen, die Gehsteigkanten im Umfeld des Wohnhauses mit einer kleinen Anrampung zu versehen und sie so barrierefrei zu machen. Gesagt, getan – die Bewegungsgruppe des Hauses kontrollierte zuletzt mit einem „Rollatorparcours“ alle Kanten und gab grünes Licht. Und ich freute mich einmal mehr, dass wir wieder eine Lösung ausgetüftelt hatten, die den älteren Bezirksbewohner*innen das Leben ein klein wenig leichter macht.