Die Gebrüder Düsentrieb in Währing

Die Gebrüder Düsentrieb in Währing

Es gibt so ein paar Dinge, die mich über die Jahre unglaublich fuchsen – und hier ist eines davon: Wenn wir neue Baumstandorte bauen, so müssen diese erhöht eingefasst werden. Damit von rundherum kein Wasser hineinrinnt.

Begründung: Aus Haftungsgründen müssten Straßen und Gehsteige im Winter schnee- und eisfrei gehalten werden. Deshalb wird gesalzen. Gleichzeitig muss zum Schutz der Bäume verhindert werden, dass mit Salz kontaminiertes Wasser in die Pflanzbeete gespült wird.

Die Folge: Neue Bäume müssen aufwändig bewässert werden, umgekehrt stehen bei Starkregenereignissen wichtige Wasseraufnahmeflächen nicht zur Verfügung und die Kanäle gehen über. Diese Logik zu durchbrechen, habe ich versucht und versuche ich weiter, bin allerdings bisher gescheitert.

Zumindest in einer Detailfrage kann ich aber einen Erfolg verbuchen – und das ging so:

Monatelang war ich lästig: Wenn ich schon alles andere hinnehmen müsse, so sollte es doch zumindest möglich sein, im Sommer das Wasser von rundherum für die Bäume zu nutzen!

Ich lud zu runden Tischen ein – Umweltschutz, Stadtgärten, Straßenbau – wir überlegten und verhandelten. Nach zähem Ringen das Okay für einen Versuch: Bei einem der neuen Projekte würden wir eine Lücke in der Pflasterstein-Einfassung belassen, über die im Sommer das Wasser in den Baumstandort gelangt. Diese Lücke würde jeweils im Winter provisorisch verschlossen, im Frühjahr wieder geöffnet. Nicht perfekt,
aber einen Versuch wert.

Ich war richtig froh, zumindest einen ersten Schritt bewegt zu haben, alles war akkordiert, alle Magistratsabteilungen an Bord. Kurz vor Baubeginn dann der Anruf des Baureferenten: Er hätte unsere Idee mit der Baufirma besprochen. Sie wären zu dem Schluss gekommen, dass sie diese „hatscherte“ Lösung nicht vertreten könnten und das nicht bauen würden. Punkt.

Ich war fassungslos. Da sind wir stundenlang gesessen, haben alles bis ins Detail besprochen und auf den allerletzten Metern dann das? Das konnte nicht wahr sein! Wie sich herausstellte, doch. Ich werde ja selten laut, aber das war einer der Momente, wo ich nicht anders konnte – auch wenn’s unmittelbar nichts genützt hat.

Viele Wochen später dann ein Anruf. Der junge Baureferent, der unser Projekt im letzten Moment gekippt hatte. Er würde mir gerne etwas zeigen, ob er vorbeikommen könne.

Und so stand er wenig später, sekundiert von seinem Bruder, bei mir im Büro und stellte mir zur Begrüßung einen schweren Betonquader auf den Schreibtisch.

„Normalerweise hätte ich Blumen mitgebracht, aber ich glaube, dass Ihnen das mehr Freude macht“, meinte er trocken. Um dann zu erzählen:

Mein Frust damals hätte ihm keine Ruhe gelassen – und so hätte er einen gewissen Ehrgeiz entwickelt, eine bessere Lösung für das Problem zu finden. Gemeinsam mit seinem Bruder, Wissenschaftler an der TU, hätte er angefangen zu tüfteln – und das Ergebnis läge nun vor mir:

Der technologisch hochgerüstete Betonquader ist so gebaut, dass er einen Pflasterstein der Baumscheiben-Einfassung ersetzen kann. Über ein Einlaufgitter wird Wasser in die Baumscheibe geleitet – allerdings zweifach kontrolliert: einerseits durch einen Temperatursensor (bei winterlichen Temperaturen und damit zu „Salz-Zeiten“ wird kein Wasser eingelassen), andererseits durch eine Zeitschaltung, die bei Regen erst mit Verzögerung öffnet und so der erste Dreck, der von der Straße gespült wird, nicht gleich direkt zu den Bäumen rinnt.

Ich war sprachlos. Und auch irgendwie gerührt, dass mein „Aber es muss doch eine Lösung geben“-Rappel zu solch Erfindergeist angespornt hatte.

Sie erzählten mir dann noch, wie schwierig es war, die richtige Schalung für den Betonmantel des Prototypen zu bauen. Wie sie in der Garage ihrer Mutter einen Versuch nach dem anderen gegossen hätten. Und dass all die Modelle, die sich als nicht geeignet erwiesen hatten, nun als Blumentöpfe im mütterlichen Garten in Verwendung wären.

Und der funktionierende Prototyp? Wurde umgehend unter der Bezeichnung „Schwammstein“ patentiert und direkt in einer Baumscheibe in der Teschnergasse eingesetzt. Nach erfolgreicher Testphase dort wird er mittlerweile in Serie produziert und ist in Währing und in ganz Wien im Einsatz.