Reif für die Schmetterlingsinsel

Reif für die Schmetterlingsinsel

Reif für die Schmetterlingsinsel

Na, auch reif für die Insel? Besonders, wenn man mal wieder wegen eines schlecht geparkten Autos in der Straßenbahn feststeckt, liegt dieser Gedanke nahe. Wie oft sind Sie schon mit der Bim festgesessen und kamen nicht mehr weiter?

Es ist mehr als ärgerlich: Von jeder dieser Blockaden sind in kurzer Zeit mehrere hundert Menschen betroffen – auf dem Weg zur Arbeit, in die Schule, nach Hause, und es dauert oft mehrere Stunden, bis der Fahrplan sich wieder einspielt.

Jahr für Jahr werte ich deshalb gemeinsam mit den Wiener Linien die Blockadestatistiken aus. Wir identifizieren besonders virulente Stellen und überlegen geeignete Maßnahmen: Hier einen Radständer aufstellen, dort eine Motorradzone einrichten. Und manchmal braucht es mehr.

So in der Kreuzgasse zwischen Klostergasse und Lacknergasse: Weit mehr als fünfzig Mal blieb die Bim jedes Jahr dort hängen. Ein Lokalaugenschein mit Maßband stellte klar, was wir ohnehin vermutet hatten: Zu schmale Gehsteige, zu schmale Parkspuren, der Gleisabstand schon an der absoluten Untergrenze – da blieb nur eines: Die Parkspuren auf beiden Seiten mussten weg.

Die Beteiligung der Anrainer*innen zeigte, dass sie das gar nicht so stören würde – wenn nur die Blockaden und die damit verbundenen Feuerwehreinsätze aufhören würden. Und wenn es – und
dieser Wunsch war überdeutlich – dafür endlich ein bisschen Grün in der sonst so grauen Kreuzgasse geben würde.

Einfach war die Sache nicht: Nicht nur für das Nebeneinander von Gehsteig, Parkplätzen und Straßenbahn ist die Kreuzgasse zu schmal – auch für Bäume ist zu wenig Platz. Und die Bemühungen, die Hauseigentümer*innen für die Begrünung ihrer Fassaden zu gewinnen, hatten überschaubaren Erfolg: Ein Haus konnte dafür gewonnen werden – immerhin, aber doch viel zu wenig.

Und dann kam die Idee mit den „Schmetterlingsinseln“: ein Stück Natur im Zuge der zukünftig breiteren Gehsteige, zur Freude der Anrainer*innen und gut für die Insektenvielfalt in der Stadt. Straßenplaner*innen und Gartenexpert*innen steckten die Köpfe zusammen und entwickelten einen Plan, der das Gedeihen der Bepflanzung und die Notwendigkeiten des Verkehrs unter einen Hut brachte.

Es war ein Kompromiss – doch immerhin, der war gelungen, und stolz legten wir den Plan dem zuständigen Gremium der Stadt vor. Die ernüchternde Rückmeldung: Parkplätze wegnehmen und Gehsteig verbreitern, ja, aber Pflanzbeete errichten, nein.

„Der Abstand zwischen Pflanzbeeten und Gleisachse ist zu gering“, sagten die Wiener Linien.

„Die Restgehsteigbreite neben den Pflanzbeeten entspricht nicht der Norm“, sagte die Verkehrsbehörde.

„Wenn man die Pflanzbeete verkleinert, funktionieren sie nicht“, sagten die Wiener Stadtgärten.

„Zwei Parkspuren wegnehmen, um dann einen doppelt so breiten, aber wieder nur grauen Gehsteig zu haben – das geht nicht.“ Das sagten wir.

Half nur nichts. Denn wir hatten keine Stimme in dem Gremium. Trotzdem wollte ich das Veto nicht so hinnehmen – und ersuchte um einen Termin vor Ort. Weil es bei schwierigen Fragen einen Unterschied macht, wenn man direkt sieht, worum’s geht.

So standen wir dann in der Kreuzgasse. Ich erzählte vom großen Wunsch der Anrainer*innen – und wie wichtig es mir wäre, gemeinsam eine Lösung zu finden. Einen nach dem anderen gingen wir die Einwände durch, feilschten um Zentimeter, suchten und fanden Kompromisse – und kamen einer Genehmigung unserer „Schmetterlingsinseln“ Schritt für Schritt näher.

Kurz vor dem Ziel dann noch ein Einwand der Wiener Linien: Die Schmetterlingsinseln wären immer noch zu groß. Wenn bei einem Notfall die Straßenbahn anhalten und die Fahrgäste aussteigen müssten, dann müssten manche durch die Pflanzbeete klettern. Ich seufzte und meinte mit meinem langmütigsten Bezirksvorsteherinnenblick: „Sein´s mir nicht bös, aber derzeit müssen die Leute über die
Dächer von parkenden Autos krabbeln, wenn die Bim dort stecken bleibt. Und jetzt soll es ein Problem sein, dass sie durch ein Pflanzbeet steigen müssten?“

So haben wir’s letztendlich geschafft: Die Schmetterlingsinseln blühen, zwei Lokale dort haben jetzt gemütliche Schanigärten. Und die Straßenbahnblockaden in diesem Abschnitt der Kreuzgasse sind
seither Geschichte.