Kinder an die Macht

Kinder an die Macht

Kinder an die Macht

Als Bezirksvorsteherin habe ich sehr schnell gemerkt: Es gibt die Lauten, die sich sofort melden, wenn sie etwas stört. Und es gibt die Leisen, die sich scheuen, sich zu melden und oft einfach nicht gewohnt sind, ihre Interessen zu vertreten.

Mir ist wichtig, mich mit den einen ernsthaft auseinander zu setzen und gleichzeitig auch die anderen zu hören. Genau deshalb ist mir das Kinderparlament so wichtig – und das geht so:

Jeden Herbst spaziert das Team des Kinderparlaments in die dritten Klassen der Währinger Volksschulen und erforscht gemeinsam mit den Kindern: Was läuft super im Bezirk? Was ist nicht so gut? Was
sollte sich ändern? Ideen werden gesammelt, die drei wichtigsten Anliegen der Klasse als Anträge formuliert und zwei Vertreter*innen für die Plenarsitzungen im Amtshaus gewählt.

An einem Dezembermorgen kurz vor Weihnachten versammeln sich dann die jungen Abgeordneten aus ganz Währing im Festsaal. Zuletzt waren das mehr als 50 Kinder, die die Anliegen ihrer Klassen einbringen
und erleben, wie sie alle gemeinsam dafür sorgen wollen, dass der Bezirk kindergerechter wird.

Die mit Abstand meisten Anträge gibt es regelmäßig zu Parkanlagen und Spielplätzen. So wird deutlich, wie wichtig diese Spiel- und Sportmöglichkeiten für die Kinder sind.

Deutlich wird aber auch, wie sehr die Kinder vom Verhalten der Erwachsenen abhängig sind: Zigarettenstummel am Spielplatz, Hundstrümmerl auf der Wiese – immer wieder suchen sie nach Möglichkeiten, dieser Rücksichtslosigkeit der Großen ein Ende zu setzen.

Und das nicht nur im Park, sondern auch auf der Straße: Es werden Tempobremsen beantragt, weil die Autos zu schnell fahren; Schutzwege, weil das Queren sonst gefährlich ist; Polizeikontrollen, weil die Autos trotz vorhandenem Schutzweg nicht stehen bleiben. Manchmal wünsche ich mir, dass mehr Menschen hören könnten, wie sehr die Kinder in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, sich ihren Schulweg zu erobern. Nur weil wir Erwachsene es nicht so schlimm finden, ein bisschen schneller unterwegs zu sein oder noch schnell über den Schutzweg zu fahren, weil wir’s doch eilig haben.

Egal, ob unsichere Schulwege, kaputte Klettergeräte oder Verbesserungen im Schulhof – nach dem ersten Treffen im Amtshaus haben wir ungefähr vier Monate Zeit, die Anträge der jungen Abgeordneten zu prüfen – je nach teilnehmenden Klassen sechzig bis über achtzig an der Zahl – und die Umsetzung in die Wege zu leiten.

Viel Arbeit und auch viel Freude: Den Kindern die Erfahrung zu geben, dass sie die Welt nicht so hinnehmen müssen, wie sie ist. Dass sie sich überlegen können, was man verbessern kann. Dass sie, auch wenn die eigenen Wünsche nicht umgesetzt werden, trotzdem Teil eines Ganzen sind, das etwas zum Positiven verändert.

Hin und wieder stellen wir fest, dass wir bei einem Antrag mehr wissen müssten über das konkrete Problem. Oder dass Anträge einander widersprechen, und es einer Klärung bedarf.

In solchen Fällen gibt es die Möglichkeit eines „Miniworkshops“: ein Termin mit der jeweiligen Klasse direkt vor Ort – auf dem Spielplatz, im Schulhof, direkt an der Kreuzung. Wir schauen uns gemeinsam an, worum es geht. Und diskutieren Lösungen. Nicht nur zwischen uns und den Kindern, sondern auch mit den zuständigen Expert*innen der Stadt.

So erfahren die Kinder aus erster Hand, dass eine Schaukel an der gewünschten Stelle die Wurzeln des benachbarten Baums beschädigen würde oder warum man nicht überall einen Zebrastreifen hinmalen kann, wo man gerne einen hätte. Und die Expert*innen bekommen mit, was den Kindern wichtig ist und kommen so auf Ideen, die sie ohne dieses Miteinander vielleicht nicht gehabt hätten.

Der Höhepunkt des Kinderparlaments ist die jährliche Abschlusssitzung wiederum bei uns im Festsaal: Jetzt müssen wir den Kindern Rede und Antwort stehen, was aus ihren Anträgen geworden ist. Mit Beispielen und jeder Menge Fotos erzählen wir, was von den Anträgen bereits umgesetzt wurde oder bald realisiert wird. Und versuchen nachvollziehbar zu machen, warum Anträge nicht umgesetzt werden können.

Zum Schluss gibt es einen großen Applaus für das gesamte Kinderparlament, und mit dem guten Gefühl, gemeinsam Wichtiges im Bezirk verbessert zu haben, verlassen die Kinder das Amtshaus.