Keine Chance ungenutzt lassen

Keine Chance ungenutzt lassen

Einer der ersten, bei dem ich mir als frisch angelobte Bezirksvorsteherin Rat holte, war, wenig überraschend, mein Kollege Thomas Blimlinger – damals schon an die 14 Jahre Bezirksvorsteher in Wien Neubau. Er hatte eine Menge hilfreiche Tipps für mich, und wohl der wichtigste lautete so: „Die Bezirksbudgets sind sehr, sehr knapp. Wenn du wirklich etwas bewegen und gestalten möchtest, dann musst du wie ein Trüffelschwein zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten aufstöbern.“

Das klang wenig berauschend – und nach einer ersten detaillierteren Auseinandersetzung mit Aufgaben, Budgetlogik und den zur Verfügung stehenden Mitteln war klar: Er hatte nicht gelogen.

Wenn man weiß, dass das Budget unseres Bezirks derzeit bei jährlich ungefähr 6,5 Millionen Euro liegt und um diesen Betrag Parkanlagen und Spielplätze, Straßen und Grünflächen, öffentliche Beleuchtung, Ampeln und WC-Anlagen, öffentliche Pflichtschulen und Kindergärten instandgehalten werden müssen, dazu die Reinigung und Müllabfuhr der Märkte, die Kinder- und Jugendarbeit, die Kulturförderung, der Betrieb der Pensionist*innenklubs – und das ist jetzt sicher noch keine vollständige Aufzählung – dann ahnt man, wie wenig Spielraum da bleibt.

Und weil ich weder zum damaligen Zeitpunkt noch heute auf die Gans gestoßen bin, die goldene Eier legt, blieb mir nur eines übrig: erfinderisch zu sein und die angesprochenen Trüffelschwein-Fähigkeiten zu entwickeln.

Meine erste Zauberformel dafür lautet: Fördermöglichkeiten suchen. Wie eine Detektivin halte ich Augen und Ohren offen, um auch ja keine Förderprogramme zu verpassen, seien sie von Stadt, Bund oder EU. Da gibt es doch einiges und immer wieder neues – von Unterstützungen für mehr Fußgängerfreundlichkeit über solche für Begrünungsmaßnahmen bis zu jenen für Ampelmodernisierungen. Manchmal ist es mühsam, sich mit den genauen Förderkriterien auseinanderzusetzen, manchmal muss viel Energie in die Einreichungsunterlagen gesteckt werden, immer braucht es die Unterstützung der Kolleg*innen in der jeweiligen Magistratsabteilung – aber meist findet sich ein Weg, und schon wird eingereicht.

Und wenn es kein Förderprogramm gibt, dann ist es mir das eine oder andere Mal auch schon gelungen, ein solches anzuregen: Bei Maßnahmen, an deren Umsetzung die Stadt Interesse hat, und die gleichzeitig die Mehrzahl der Bezirke betrifft – die Sanierung der in die Jahre gekommenen Ballspielkäfige etwa, oder der barrierefreie Umbau der Familienbäder – stehen die Chancen dafür nicht schlecht.

Und dann gibt es da noch die zweite Zauberformel: So früh wie möglich über die diversen Vorhaben im Bezirk Bescheid zu wissen, auch wenn sie nicht in Bezirksverantwortung fallen. Und gemeinsam zu überlegen, ob wir sie mit sinnvollen Maßnahmen unsererseits kombinieren können.

Dazu müssen die jeweiligen Stellen wissen, dass sie im Bezirk einen interessierten Partner haben – und schon funktioniert’s: Die Straße wird wegen eines Wasserleitungstauschs aufgerissen? Super, da können wir im Zuge der Wiederherstellung Baumstandorte schaffen. Ein Gleistausch steht an? Gut, das nutzen wir, um die Verkehrssicherheit an der betreffenden Kreuzung zu verbessern. Die Generalplanung für die U-Bahn läuft gerade? Fein, dann reklamieren wir eine WC-Anlage ins neue Stationsgebäude.

Der Umbau der Währinger Straße im Anschluss an den Wasserleitungstausch, die Rettung der Pötzleinsdorfer Allee im Zuge der von der Stadt finanzierten Radwegerrichtung, die Kombination der Ballspielkäfig-Sanierung mit der bevorstehenden Erneuerung der Beleuchtung am Bischof-Faber-Platz – nur drei Beispiele für das Zusammendenken von Maßnahmen aus den unterschiedlichsten Ecken. Und die gewonnenen Synergieeffekte sparen nicht nur Nerven, sondern vor allem gutes Geld.

Die wundersame Budgetvermehrung, die mit unseren bescheidenen Bezirksfinanzen passiert, ist also gar nicht so wundersam. Es ist Arbeit, viel die Ohren offenhalten und jede Chance nutzen, die sich bietet. Dass hinter meinem Rücken gerne gescherzt wird, dass, kaum wäre irgendwo im Bezirk ein Loch aufgegraben, ich schon da wäre, um irgendetwas draus zu machen, halte ich gut aus. Denn schließlich ist es mein Job, das Beste für unseren Bezirk herauszuholen.