Ein Festsaal für alle

Ein Festsaal für alle

Eines der stattlichsten Gebäude in Währing ist zweifelsohne das Amtshaus – mit seinem markanten Turm so etwas wie das Wahrzeichen des Bezirks. Bei seiner Errichtung Ende des 19. Jahrhunderts sollte das „Rathaus Währing“ das Selbstbewusstsein der Währinger Bürgerschaft repräsentieren – und auch heute noch wirkt das Gebäude mit seiner monumentalen Bauweise, der steinernen Fassade und den klobigen Eingangstüren eher einschüchternd als einladend.

Es war ein glücklicher Zufall, dass die Stadt kurz vor meinem Amtsantritt damit begonnen hatte, das Gebäude zu renovieren. Die bereits an mehreren Stellen bröckelnde Fassade war als erstes dran, und so nach und nach sollten die Innenbereiche folgen. Was uns die Gelegenheit gab, nicht nur die Büroräume der Bezirksvorstehung heller, offener und freundlicher zu gestalten – wir konnten auch auf die Gestaltung von Eingangsbereich, Gängen und Stiegenhaus Einfluss nehmen: bessere Beleuchtung, hellere Farben, kein Linolbelag mehr auf den Steinstufen.

Mein erklärtes Ziel war es von Anfang an, dass sich alle von klein auf ins Amtshaus hineintrauen und sich hier zugehörig fühlen. Und dazu ist vor allem unser Festsaal bestens geeignet.

Dass hier nicht nur die Sitzungen der Bezirksvertretung, also des Bezirksparlaments der Erwachsenen stattfinden, sondern auch Kinderparlament und Jugendparlament hier tagen, hat für die jungen Abgeordneten schon eine besondere Bedeutung. Und ganz nebenbei lernen sie so das einschüchternde Gebäude als Ort der politischen Mitbestimmung kennen und wissen, dass es ihnen jederzeit für ihre Anliegen offensteht.

Hier im Festsaal wickelt die Bezirkswahlbehörde sämtliche Wahlen ab, einmal im Jahr findet hier der immer gut besuchte Info-Nachmittag für Senior*innen statt und einmal jeden Frühling das Landesfinale der Latein- und Griechischolympiade der Wiener Oberstufen.

Während der Corona-Pandemie war unser Festsaal verwaist – alle Veranstaltungen abgesagt, und selbst die Bezirksvertretungssitzungen mussten wir aufgrund der Abstandsregeln in größere Säle verlegen. Eines Tages nahm dann die Impfstraße im Haus den Betrieb auf, der Andrang war groß, alle bemühten sich um einen ordnungsgemäßen Ablauf, aber die zur Verfügung stehenden Flächen machten das nicht leicht. Auf Nachfrage bekam ich mit, dass es vor allem an Wartebereich fehlte, und kurzerhand bot ich den Verantwortlichen an, unseren ja gerade nicht benötigten Festsaal dafür zu nutzen. Was sie dankbar annahmen.

Auch im Sommer war der Festsaal in der Vergangenheit kaum genützt, und das fand ich angesichts seines gut funktionierenden Kühlsystems mehr als schade. Und letzten Sommer starteten wir dann ein Experiment: Wir öffneten den Festsaal als „Coole Zone“ – einen Ort, an dem man sich zwischendurch von der Hitze erholen kann, wenn die eigene Wohnung zu heiß oder der Einkaufsweg auf der Währinger Straße zu anstrengend wird. Und was soll ich sagen – es war ein Riesenerfolg und die Coole Zone wird wohl eine sommerliche Dauereinrichtung
werden.

Besonders gerne stelle ich den Festsaal für Kulturveranstaltungen zur Verfügung, sei es für Buchpräsentationen, Kinderaufführungen oder Konzerte. Aufgrund seiner guten Akustik und des verfügbaren Klaviers wird er vor allem von Musiker*innen gerne genutzt.

Und mein Jahreshighlight und Lieblingskonzert veranstalten wir selbst: das Währinger Neujahrskonzert. Schon seit vielen Jahren ein fixer Programmpunkt im Währinger Kulturkalender, ist es wie seine große Schwester, das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, immer im Nu ausverkauft. Denn nicht nur im Goldenen Saal des Musikvereins lässt sich das neue Jahr gebührend feiern, sondern auch in unserem Festsaal.

Immer wieder von Neuem ringt es mir Bewunderung ab, mit welchem Können das „Original Wiener Salon Ensemble“ in kleinstmöglicher Besetzung die Walzer und Polkas von Strauß bis Ziehrer auf höchstem Niveau spielt. So, dass es dann auch gar nichts ausmacht, wenn ihr Dirigent Bernhard Heher wie zuletzt beim abschließenden Radetzkymarsch den Dirigentenstab an mich übergibt – die Musiker*innen ließen sich in unserem Festsaal für alle nicht aus dem Takt bringen und mir hat’s jedenfalls Spaß gemacht