Nicht Valentinstag, nicht Muttertag – Frauentag!

Es war im Jahr 2011, der Internationale Frauentag am 8. März jährte sich zum 100. Mal. Lange war dieser Tag in der öffentlichen Aufmerksamkeit kaum präsent gewesen, doch just in den Jahren vor dem Jubiläum hatte sich das geändert: Parfümerien riefen Frauentagsrabatte aus, Restaurants luden zu Frauentagsmenüs und plötzlich sollten Männer Frauen nicht nur am Valentinstag und am Muttertag mit Blumen beglücken, sondern eben auch am Frauentag.
Ich war nicht die einzige, der diese Banalisierung missfiel. Einige meiner jungen Mitstreiterinnen suchten sehr engagiert nach einer Möglichkeit, an die Bedeutung des Frauentags, an den Kampf um Frauenrechte und Gleichberechtigung zu erinnern – die Idee des Währinger Frauenwegs war geboren.
Gemeinsam mit dem Museumsverein machten wir uns an Konzeption und Recherche. Die Ausstellung mitten im Park sollte einen guten Überblick über Frauengeschichte und Frauenpolitik in Österreich geben – für ein breites Publikum, thematisch weit gefächert und mit dem einen oder anderen nicht so bekannten Detail:
Dass beispielsweise in den 1920er Jahren Frauen zwar mehr und mehr Berufe ausüben durften, einige davon allerdings nur zölibatär. So durften beispielsweise Lehrerinnen nicht verheiratet sein – ganz im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen. Oder dass auch in unseren Landen bis ins beginnende 20. Jahrhundert Genitalbeschneidungen an Frauen vorgenommen worden waren – zur Behandlung von Hysterie und anderen „weiblichen Krankheiten“.
Je mehr wir in die Recherche eintauchten, desto mehr wuchs unsere Begeisterung für das Projekt. Und es war sehr schön zu erleben, wie ansteckend diese Begeisterung war: Wir suchten nach Bildern, um die Situation von Frauen in der Gesellschaft unmittelbar zu vermitteln. Und freuten uns sehr, dass die Künstlerin Valie Export uns die Verwendung zweier ihrer Werke erlaubte.
Just als wir das Bild suchten, das den Kampf um Anerkennung in der Kunst symbolisieren sollte, sah ich Marin Alsop im Konzerthaus dirigieren. Ich wusste sofort: Diese Frau am Dirigentenpult – das war unser Bild. Über ihre Londoner Agentur ließ ich ihr eine Nachricht zukommen, beschrieb die Idee des Frauenwegs und bat sie um ein Foto. Prompt sagte sie zu – mit viel positivem Feedback zu unserem Vorhaben. Mitten in der Zeit, als wir den Frauenweg konzipierten, ist dann Gerda Lerner gestorben: 1920 in Wien geboren, musste sie als Jüdin und im Widerstand gegen den Faschismus engagiert in die USA emigrieren. Nach schweren Anfangsjahren begann sie mit über vierzig Geschichte zu studieren. Und fand es völlig inakzeptabel, dass noch in den 1960er Jahren behauptet wurde, zur Geschichte von Frauen könne nicht geforscht werden. Gegen alle Widerstände begründete sie die Disziplin der Frauengeschichtsforschung und leistete damit einen unglaublich wichtigen Beitrag für das Selbstbewusstsein und die politische Handlungsfähigkeit von uns Frauen.
Um dieser beeindruckenden Frau Anerkennung zu zollen, widmeten wir ihr nicht nur ein Portrait am Frauenweg, sondern initiierten auch die Benennung des Parks an der Hockegasse nach ihr. Gerda Lerner hat diese späte Anerkennung in ihrer Geburtsstadt nicht mehr erlebt, aber ihre Tochter Stephanie freute sich bei einem Wien-Besuch sehr über diese öffentliche Erinnerung an ihre Mutter.
Und auch mit der Benennung eines Gemeindebaus in Gersthof haben wir einer beeindruckenden Frau mehr Sichtbarkeit verschafft: Gabriele Proft begann schon sehr jung, sich neben ihrer Arbeit als Näherin gewerkschaftlich zu engagieren. 1918 war sie eine der ersten acht weiblichen Abgeordneten im Nationalrat, überlebte unter prekären Umständen die Nazizeit und war auch nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Abgeordnete. Zeit ihres Lebens kämpfte sie um fundamentale Frauenrechte – und erlebte nicht mehr, wie viele dieser Rechte sehr spät aber doch von Johanna Dohnal endlich erstritten wurden.
So machen wir Schritt für Schritt Frauen und ihre Geschichte auch bei uns im Bezirk sichtbar. Weil diese Frauen sich Anerkennung verdient haben. Und weil die Geschichte und die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass Frauenrechte immer wieder von Neuem erkämpft und verteidigt werden müssen.